Hüftarthrose (Coxarthrose)

Entwicklung der Hüft – Endoprothetik

Die Geschichte der Endoprothetik (künstlicher Gelenksersatz) führt uns zurück ins vorletzte Jahrhundert, als Dr. Gluck ca. 1890 mit Hilfe von Elfenbeinprothesen die ersten Hüftgelenke zu ersetzen versuchte. Die Verankerung im Knochen war unzureichend und es kam zu Wackelgelenken. Probleme bereiteten zudem häufig Infektionen, Abstossungsreaktionen und die Resorption, also die Auflösung der Implantate. weiterlesen

Elfenbeinprothesen
Metallkappe

In den 1930er Jahren wurde versucht, den entknorpelten Oberschenkelkopf mittels einer Cobaltchrom-/ Metallkappe zu überziehen, doch der darunterliegende Knochen zeigte Durchblutungsschwierigkeiten und in der Folge auch wieder das Problem der Resorption.

In den 1950er Jahren versuchten die Gebrüder Judet, den Oberschenkelkopf durch einen Plexiglaskopf zu ersetzen. Die Verankerung der Prothese und der Abrieb blieben aber das vorherrschende Problem, so dass auch diese Idee wieder fallen gelassen wurde. Praktisch zeitgleich entwickelte Moore eine Kopfprothese aus Metall, was aber ebenfalls problematisch war, weil der Beckenknochen dadurch oft in Mitleidenschaft gezogen, schlimmstenfalls perforiert/durchgebrochen wurde. Anfangs 1960er war es dann McKee, der sowohl den Oberschenkel- als auch den Beckenanteil durch Metall ersetzte, sodass nun Metall auf Metall rieb, was als Gleitpaarung bis heute als Variante Bestand hat.

Judet Prothese
McKee Prothese

Der effektive Durchbruch respektive Beginn der modernen Hüftprothetik datiert aus dem Jahre 1959, als Sir John Charnley eine Prothese entwickelte, bei welcher der Cobaltchrom-Kopf der Oberschenkelkomponente mit einer Teflon-/ Polyethylen-/ Plastikpfanne die auch noch heute am häufigsten verwendete Gelenkpaarung bildete. Zudem entwickelte er zur Prothesenfixation einen Knochenzement, womit auch eine Lösung zur dauerhaften Prothesenverankerung gefunden war.

In der Folge erfuhr die Endoprothetik diverse Feinregulierungen, beispielsweise durch den in den 1970er Jahren in Bern tätigen Professor Maurice Müller, selber Schüler von Sir John Charnley. Müller kam zu Weltruhm, einerseits durch eigene Hüftprothesentypen, andererseits durch Innovationen in der Behandlung von Knochenbrüchen. Unter anderem auch dank Professor Müller, der Mitglied der Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen AO in Davos war, wurden Brüche nicht mehr mit Gipsverbänden, sondern neu mit Schrauben, Platten und Nägeln stabilisiert, was eine raschere Rehabilitation ermöglichte. Dank dem generierten Geld verdanken wir heute Herrn Professor Müller neben diversen medizinischen Einrichtungen unter anderem auch das Paul Klee Zentrum in Bern.

Ein weiterer Entwicklungsschritt war die in den 1980er Jahren durch den in Basel tätigen Professor Erwin Morscher lancierte zementfreie Verankerung der Pfanne mit dem sogenannten Pressfit-System. Basierend auf diesem Prinzip wurden später, durch andere Autoren lanciert, auch zementfreie Schäfte auf den Markt gebracht, was heute als Standard gilt.

Aktuelle Hüftprothesen-Modelle

Abnützung des Hüftgelenkes (Coxarthrose)

Arthrose bedeutet der fortgeschrittene Knorpelverschleiss an einem Gelenk. Durch seine glatte Oberfläche dient der Gelenkknorpel als Gleitschicht, um Bewegungen im Gelenk reibungslos zu ermöglichen, durch seine Elastizität dient er auch der Dämpfung von Schlägen und Erschütterungen. weiterlesen

Die Abnützung der Hüft- & Kniegelenke ist ein zunehmendes Problem in unserer Gesellschaft, einerseits, weil die Leute immer älter werden, andererseits, weil die Beanspruchung der Gelenke immer mehr zunimmt, sei es infolge übermässiger sportlicher Aktivitäten (und Unfällen), sei es infolge des weltweit zunehmenden Problems des Übergewichts. Schliesslich steigt auch stetig der Anspruch an die eigene körperliche Integrität und Mobilität respektive Selbständigkeit.
Etablieren sich die anfangs meist schleichend auftretenden Gelenkschmerzen, zunächst unter Belastung wie zum Beispiel im Rahmen einer limitierten Gehstrecke, später dann auch im Rahmen von Nacht- und morgendlichen Anlaufschmerzen, unter Umständen einhergehend mit einer eingeschränkten Beweglichkeit des betroffenen Gelenkes, so ist wohl eine Vorstellung beim Arzt sinnvoll. Aufgrund der Leidensgeschichte, der klinischen Untersuchung und Röntgenaufnahmen muss nun festgestellt werden, ob und in welchem Ausmass eine Knorpelabnützung (Arthrose) vorhanden ist.

Als Therapie empfiehlt sich bei den meisten Patienten primär ein „konservatives Vorgehen“ mit Physiotherapie, Salbenverbänden, entzündungshemmenden respektive schmerzlindernden Medikamenten und gegebenenfalls Spritzenanwendungen. Sind diese Massnahmen ausgeschöpft, muss ein operatives Vorgehen im Sinne eines Hüft- oder Kniegelenksersatzes diskutiert werden. Entscheidend hierzu sind vor allem das Schmerzausmass und die beeinträchtigte Gelenksfunktion – der Patient, die Patientin bestimmt also bei gesicherter Diagnose einer Arthrose, wann er oder sie „reif“ ist für die entsprechende Operation, wann diese stattfinden soll. Festzuhalten ist auch, dass man nicht „zu jung“ oder „zu alt“ sein kann für einen Gelenksersatz, die Erfahrung zeigt im Gegenteil, dass gerade ältere Patienten aus Respekt vor einem chirurgischen Eingriff lange damit zuwarten und später es bereuen, sich nicht schon viel früher für den künstlichen Gelenksersatz entschieden und sich so von teils jahrelangen Schmerzen erlöst zu haben.

Aktuelle Hüftprothesen – Verfahren

Das heute häufigste Hüftprothesen-Design besteht von Seiten des Beckens aus einer zementfrei eingesetzten Metallpfanne mit einem Polyethylen-Einsatz, von Seiten des Oberschenkels aus einem bei minderer Knochenqualität zementierten, sonst zementfrei eingesetzten Metallschaft sowie einem aufgesteckten Keramikkopf. Alternativ hierzu gibt es die Möglichkeit einer Metall-Metall- oder einer Keramik-Keramik-Paarung. Es bleibt dem Chirurgen überlassen, mit welchem Modell er die besten Erfahrungen macht und von welcher Methode er am meisten überzeugt ist. weiterlesen

Punkto Zugang wurde in den letzten Jahren in den meisten europäischen Ländern der sogenannte transgluteale („durch den mittleren Gesässmuskel verlaufender“) Zugang auf der Hüftaussenseite am häufigsten verwendet. Da hierbei der am Ende der Operation wieder angenähte Muskel aber häufig nicht vollständig einheilt, kann es zu einem Muskelschwächehinken kommen. Zudem kann das Auskugeln wegen der verminderten muskulären Stabilität ein Problem darstellen. Deshalb fand in den letzten Jahren mehr und mehr der minimal-invasive Zugang Verbreitung, der je nach Schule etwas weiter vorne oder etwas weiter hinter diesem Gluteus- /Gesässmuskel verläuft, diesen dabei also nicht tangiert und somit schont. Befürworter dieser Methode berichten über eine raschere Rehabilitation der Patienten, da schneller belastet werden könne und die Schmerzen geringer seien. Auch wenn bisher keine eindeutige Evidenz in der Literatur gezeigt werden konnte, dass mittels minimal-invasiver Verfahren effektive Verbesserungen wie verkürzter Spitalaufenthalt, verminderter Schmerzmittelkonsum oder weniger Komplikationen (wie Auskugeln, Beinlängendifferenz, Infektrate etc.) erreicht werden konnten, sind diese Methoden heutzutage nicht mehr wegzudenken und weiter zu etablieren.

Eine weitere Methode, die auf der oben genannten Hüftkappe basiert, ist der so genannte Oberflächenersatz. Hierbei wird der Oberschenkelhals lediglich entknorpelt und anschliessend die Kappe aufzementiert. Der Beckenanteil besteht unverändert aus einer unzementierten Metallpfanne. Hauptargument für die Anwendung dieser Methode ist das Erhalten des Oberschenkelkopfes und –halses, was allfällige spätere Revisionen gemäss Befürworter vereinfacht. Die Anatomie respektive Biomechanik des Gelenkes bleibt aufgrund der geringen Knochenresektion und des grossen Kopfdurchmessers naturgetreuer, und so ist das Risiko des Auskugelns geringer, die Rehabilitation rascher. Minimal-invasiv lässt sich dieses Verfahren nicht durchführen; man muss vielmehr einen „hinteren Zugang“ wählen, bei dem der wichtige Glutealmuskel jedoch ebenfalls geschont wird.

Als Hauptnachteile dieses Verfahrens sind einerseits ein erhöhter Metallabrieb zu nennen, deren langfristige Auswirkungen nicht bekannt sind (Wegbereiter für Krebs, Allergien, Weichteilreaktionen?), andererseits die Möglichkeit einer Durchblutungsstörung, was zu einem Oberschenkelhalsbruch führen kann. Bei einer sorgfältig durchgeführten Patientenselektion kann dieses Risko minimiert werden. Sollte es dennoch dazu kommen, ist die Umwandlung in eine herkömmliche Totalprothese theoretisch einfach. Dennoch ist aufgrund der Nachteile der „Hype“ um die Hüftkappe weltweit stark abgeflaut. Auch die Variante, bei der die Komponenten aus Keramik sind, hat sich bisher nicht durchgesetzt.


Rehabilitation

Haben sich Patient und Operateur für die Operation entschieden, kann das Datum festgelegt werden. Vor dem Eingriff wird der Hausarzt gebeten, routinemässige Untersuchungen des Herzens, der Lungen und des Blutes durchzuführen und zusammen mit allfälligen weiteren relevanten Daten (Nebendiagnosen, Medikamentenlisten, bekannte Allergien etc.) dem Narkosearzt im entsprechenden Spital zukommen zu lassen. weiterlesen

Letzterer bespricht mit dem Patienten in der Anästhesie-Sprechstunde die Anästhesieart (Rückenanästhesie oder Vollnarkose). Heute werden etwa 90% der Hüft- / Knieeingriffe mit einer Rückenanästhesie durchgeführt. Die Operation dauert zwischen 45 und 90 Minuten, anschliessend erfolgt die Verlegung auf die Überwachungsstation, wo durch eine intensive Patientenbetreuung insbesondere Kreislauf- und Schmerzprobleme effizient angegangen werden können. Zudem erfolgt eine Röntgenkontrolle des operierten Gelenks zur Dokumentation. Tags darauf wird mit der Krankengymnastik angefangen und diese sukzessive gesteigert. Die Mobilisation erfolgt an Gehstöcken, das operierte Bein (ein- oder beidseitig) kann dabei voll belastet werden. Der Spitalaufenthalt dauert rund 7 Tage, danach erfolgt die Entlassung entweder direkt nach Hause oder, je nach Gesundheitszustand und Behinderungsgrad der Patienten, in eine Rehabilitationsklinik, sinnvollerweise im Bethesda-Spital oder auch im Adullam-Spital Riehen, wo wir einmal wöchentlich eine Sprechstunde durchführen. Stöcke sind verordnet für 4 – 6 Wochen und können nach der anschliessend durchgeführten Röntgenkontrolle allmählich weggelassen werden. Die Physiotherapie ist meist nötig bis 3 – 4 Monate nach dem Eingriff. Grundsätzlich dauert die Erholung nach Knieprothesen deutlich länger als nach Hüftprothesen.

Probleme nach Hüft-Prothesen

Eine bakterielle Infektion kann bei jedem operativen Eingriff vorkommen, ist aber nach künstlichem Gelenksersatz sicherlich eine besonders schwerwiegende Komplikation. Um dieses Risiko zu minimieren, muss unter absolut sterilen Bedingungen operiert und der Eingriff zügig durchgeführt werden, routinemässig wird zudem vor und nach der Operation prophylaktisch ein Antibiotikum verabreicht. Die Infektionsrate am Merian-Iselin-Spital liegt unter 1%. weiterlesen

Bei längerer Ruhigstellung oder Entlastung des Beines kann es zu Gerinnseln (Thrombosen) in den Beinvenen kommen. Wenn Teile solcher Blutgerinnsel sich ablösen und in den Lungenkreislauf geschwemmt werden, spricht man von einer Lungenembolie, einer schweren, potenziell lebensgefährlichen Komplikation. Durch eine in den letzten Jahren rigoros verordnete Blutverdünnung und durch eine rasche Mobilisation nach der Operation konnte das Thrombose- & Embolierisiko deutlich gesenkt werden.

Als weitere Komplikationen müssen Wundheilungsstörungen, Gefäss- und Nervenverletzungen ebenso erwähnt werden wie die Möglichkeit eines Auskugelns des Hüftgelenkes oder einer Beinlängendifferenz nach Einsetzen einer Hüftprothese.

naloo
×