News September 2024
Auch in der orthopädischen Chirurgie geht der technisch-digitale Fortschritt stets weiter, einerseits im Rahmen einer verbesserten Produkte-Herstellung (Design, Abriebverhalten, Verankerungsmethoden der Prothesen), andererseits im Rahmen von Hilfsmitteln zur besseren Positionierung der Prothesen-Anteile.
«MyKnee» - System (Firma Medacta)
Gemäss weltweiter Literatur sind 20% der Knieprothesen-Träger nicht happy: Entsprechend ist es nicht überraschend, dass immer wieder neue Methoden entwickelt und propagiert werden, die beim Einsetzen von Knieprothesen einen Vorteil bringen können. Gerade die Kippung im Tibiakopfbereich, der sogenannte Slope, oder aber auch die Innen-/Aussenrotationspositionierung der Oberschenkelkomponente sind ohne Hilfsmittel primär der Erfahrung des Operateurs überlassen. weiterlesen
Ein solches Hilfsmittel bietet das Knieprothesen-System «MyKnee» von Medacta, ein schnell wachsendes Schweizer Unternehmen im Tessin. «MyKnee» gibt es seit rund 15 Jahren und durfte in dieser Zeit wiederholt Anpassungen, respektive Verbesserungen erfahren.
Das Vorgehen ist bestechend: Wenn sich eine Patientin, ein Patient mit bestätigter, schmerzhafter Knie-Arthrose zur Operation entschieden hat, wird rund 5-6 Wochen vor dem Eingriff eine Computertomographie des betroffenen Gelenkes durchgeführt und davon im 3D-Druckverfahren ein Kniegelenksmodell angefertigt. Gleichzeitig werden patientenspezifische, computergenerierte, sterile Schnittblöcke hergestellt, die bei der Operation millimetergenau an den Knochen befestigt werden und durch die der Operateur dann schliesslich exakt soviel Knochen entfernt, wie die präoperative Planung mittels CT / Computer ergeben hat. Gerade auch bei voroperierten Kniegelenken ist diese Methode bestechend, zumal durch die präoperative Planung eine kürzere Operationsdauer und ein teils deutlich kleinerer Weichteilschaden resultieren.
Das «MyKnee»-System ist und bleibt ein Hilfsmittel, die Knieprothese optimal zu positionieren. Es gestattet aber auch alle individuellen Freiheiten, die den Erfahrungen des Operateurs entsprechen. So ist es jederzeit möglich, auf eine grössere oder (vor allem auch) kleinere Komponente zu wechseln, zum Beispiel nach Entfernen grosser Osteophyten, wodurch bei konventioneller Prothese oder aber auch vorfabrizierter, patientenspezifischer «Fertigprothese» ein Überstand der Prothesenkomponente entstehen kann mit entsprechend schmerzhafter Irritation des Kapselbandapparates.
Das «MyKnee»-System ist im übertragenen Sinn eine «Einparkhilfe». Aber kein «selbstfahrendes Auto».
Entscheidend für ein gutes OP-Resultat bleibt aber der präoperative Leidensdruck des Patienten (eingeschränkte Gehstrecke, Schmerzen beim Treppensteigen, Anlaufschmerzen, Nachtschmerzen, eingeschränkte Beweglichkeit, Schwellungszustände). Entsprechend wichtig ist es primär, konsequent konservative Massnahmen auszuschöpfen (Schmerzmittel, Knorpelaufbaupräparate, Infiltrationen, Physiotherapie mit allenfalls MTT- und GLAD-Programm).
Broschüre (PDF)
G7-Pfanne (Firma Zimmer, ehemals Sulzer)
Auch bei den Hüftprothesen macht der Fortschritt nicht halt.
Während in der Knieprothetik vor allem Hilfsmittel zur exakteren Ausrichtung der Komponenten im Vordergrund stehen, ist es bei der Hüftprothetik insbesondere die Weiterentwicklung der ins Becken eingebrachten Hüftpfanne und des eingesetzten „Stossdämpfers“ aus Polyethylen, welches heute standardmässig hochvernetzt (cross-linked) und meist noch mit Vitamin E versetzt ist, was beides zu einem reduzierten Abriebverhalten und so zu einer längeren Überlebensdauer des Implantates führt. weiterlesen
Neben diesen neuen Errungenschaften kam vor wenigen Jahren die G7-Pfanne der Firma Zimmer (früher „Sulzer») auf den Markt. Nebst der sensationellen Verankerungsstabilität dank einer Plasma-Spray-Titanbeschichtung erlaubt die G7-Pfanne, während des operativen Eingriffs zwischen 7 verschiedenen Optionen auszuwählen. So kann die Pfanne zum Beispiel bei schlechter Knochenqualität oder Wechseloperationen zusätzlich verschraubt werden, sie bietet verschiedene, modernste Gleitpaarungen (z.B. Keramikkopf-Polyethylen-Einsatz, Keramikkopf-Keramikeinsatz, Metallkopf-Polyethylen-Einsatz), verschiedene Kopfdurchmesser (32 & 36mm) und Inlay-Überhöhungen, die, ebenso wie die zur Verfügung stehenden, sogenannten «double mobility»-Varianten, zu einer deutlich reduzierten Luxationsgefahr führen. Es kann also je nach Alter, Gesundheits-/ Fitnesszustand und Compliance des Patienten einerseits, und anatomischer Gegebenheiten andererseits auf ein grosses «Pfannen-Portfolio» zurückgegriffen werden, und dies ad hoc, während des Eingriffs.
Qualitätskontrolle mit SIRIS & PROMS
Die in der Schweiz eingesetzten Hüft- & Knie-Implantate werden systematisch mittels SIRIS-Register (Swiss Implant Register) erfasst, um Revisionsfälle und -gründe zu erfassen. Im Merian-Iselin werden zudem PROMS-Erhebungen (Patient Reported Outcome Measures) durchgeführt, um die subjektive Patientenzufriedenheit zu erfassen. Auch dank dieser neuen Methoden ist es gelungen, die bereits zuvor tiefen Revisionsraten sowohl im Rahmen der im Merian-Iselin-Spital standardmässig durchgeführten SIRIS- (Swiss Implant Register) wie auch PROMS- Erhebungen weiter zu optimieren.